Die Frau, die "Money, Money, Money" sang

Als Freundin von Königin Silvia verkehrt der einstige Schweden-Pop-Star heute bei Hofe

Mag ihr Name hierzulande auch kaum geläufig sein, so zählt sie dennoch neben der Garbo oder der Bergman zu den erfolgreichsten schwedischen Künstlerinnen des Jahrhunderts. Dabei schien das Schicksal der am 15. November 1945 im norwegischen Björkasen bei Narvik geborenen Anni-Frid Lyngstad zunächst unter keinem guten Stern zu stehen. Ihr Vater, Alfred Haase, war Wehrmachtssoldat in Norwegen und hatte sich in die junge Synni Lyngstad verliebt. Noch vor Anni-Frids Geburt wird er nach Deutschland abkommandiert. Wegen ihrer Liaison mit einem Besatzer sieht sich die junge Mutter massiven Anfeindungen ihrer Landsleute ausgesetzt. Als sie im Jahr darauf nur 21jährig stirbt, kommt Anni-Frid zur Großmutter, die 1947 mit dem Kind ins schwedische Torshälla auswandert.

Früh verrät die kleine Frida, so ihr Rufname, Musikalität. Mit elf Jahren singt sie bei einer Roten-Kreuz-Gala, mit 17 verleiht sie in Eskilstuna der "Bengt Sudlund Bigband" Stimme. Dort spielt auch Ragnar Fredrikson, mit dem sie die "Anni-Frid Four" gründet und den sie 1963 heiratet. Der Sieg beim Nachwuchswettbewerb "New Faces" 1967 mit "En ledig dag" ("Ein freier Tag") beschert Frida den ersten Vertrag mit der schwedischen EMI. 1963 und 1967 werden die Kinder Hans und Liselotte geboren, doch als gefragter Schlagerstar ist Frida kaum zu Hause; sie trennt sich von der Familie und geht nach Stockholm.

Dort begegnet sie 1968 Benny Andersson, der mit "The Hep Stars" bei derselben Gala auftritt; ein Jahr später sind beide fest liiert. Aus ihrem gemeinsamen Auftritt mit Björn Ulvaeus und Agnetha Fältskog entsteht jene Supergruppe, die 1974 zum Eurovision Song Contest ins englische Seebad Brighton kommt, "Waterloo" singt, trotzdem siegt und bis zur offiziell nie erfolgten Auflösung 1983 die Charts dominiert.

Was hat der Star seit dem ABBA-Ende getrieben? Bereits 1983 produzierte Phil Collins ihr Solo-Album "Something's Going On", das fast zeitgleich mit der letzten ABBA-Doppel-LP "The Singles – The First Ten Years" herauskam. Es war auch musikalisch ein Bruch: Keine Spur mehr vom eingängigen ABBA-Sound, statt dessen überwog nun Synthi-Pop mit Irish-Folk- und Jazz-Elementen. Die 1984er LP "Shine" konnte aber schon nicht mehr an den Erfolg des vorherigen Albums anknüpfen. 1985 zog die bereits 1981 von Benny Andersson Geschiedene – er hatte sie wegen einer anderen Frau verlassen – in die Schweiz.

Nun ist sie Prinzessin

Dort lernte sie Ruzzo Reuss Prinz von Plauen kennen. Der Vater zweier Zwillingstöchter betreibt in Fribourg ein renommiertes Architektenbüro. Der Prinz verließ seine Frau, Frida ward ihm am 26. August 1992 in Dänemark angetraut, und die Schweden tauften sie "Prinzessin Frida".

Aber noch einer anderen noblen Verbindung verdankt sie ungebrochenes Medieninteresse: Ihr Gemahl nämlich darf sich der Freundschaft des Schwedenkönigs Karl-Gustaf rühmen, und Frida verkehrt seitdem als Königin Silvias Busenfreundin im Hause Bernadotte. Im Oktober 1993 verbrachten beide Paare ihren Urlaub zusammen im Himalaya-Königreich Bhutan. "Svensk TV" dokumentierte die Ferien ebenso wie Fridas Gala zum 50. Geburtstag der Königin im Dezember 1993. Dort sang sie denselben Titel, den ABBA bereits 1976 anläßlich der königlichen Hochzeit darbot: "Dancing Queen". Sei es nun letzten Februar als Gast einer Wencke-Myhre- und Siw-Malmquist-Show oder im Sommer mit Silvia beim Besuch eines Anti-Drogen-Projekts – die Klatschpresse fehlt nie.

Beruflich hat sich Anni-Frid Lyngstad weitgehend der Umwelt verschrieben. 1988 gründete sie, deren Kapital einst über den ABBA-Konzern auch im Mineralölhandel steckte, die Stiftung "Det Naturliga Steget". Sie initiierte das Projekt "Artister för Miljö" (Künstler für die Umwelt) und nahm 1992 mit schwedischen Popstars die Benefiz-Single "Änglamark"/"Saltwater" auf – in Schweden ein Riesenhit. Im selben Jahr war sie Chefin des "Water Festivals" im Stockholmer Schloß Skeppsholmen.

Die markante Stimme der jetzt 50jährigen, die sich mit "Money, Money, Money" und anderen Hits ein Vermögen ersang, hört man allerdings nur noch ausnahmsweise, sie ist ihr heute allenfalls noch Mittel für gemeinnützige Zwecke. Neue Alben sind kaum mehr zu erwarten.

Reichlich Tantiemen

"Mir ist wichtiger, gegen die Zerstörung der Welt zu kämpfen, als Platten zu besingen", sagt die noch immer attraktive Brünette. Nötig hat es die Angehörige der High Society ohnehin nicht mehr; die Tantiemen fließen reichlich. Fast eine Dekade nach dem letzten Gruppenauftritt 1986 verkaufen sich ABBA-CDs jährlich noch immer millionenfach.

Eike Stedefeldt

Erschienen in Berliner Zeitung, 2.Dezember 1995

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