Rezension bei gay books auf gaywinner.de

Homopolis

Ein weiterer Schwulenführer, denkt man zunächst. Doch das im Kölner Jackwerth-Verlag gedruckte Buch passt dann doch nicht so ganz in diese Kategorie: Mit 240 Seiten ist es einfach zu dick, um in der Gesäßtasche einer schwulen Jeans dem ortsunkundigen Träger, Orte schwul-lesbischen Lebens zu erschließen.

Dann sind da noch wortreiche, textlastige Beiträge! Sie sollen uns ein wenig 'das Besondere', den Charme, die Eigentümlichkeiten Berlins darstellen. »Homopolis« wählt der Herausgeber Micha Schulze als Wortäquivalent um dem Lokalkollorith zu frönen. Da erscheint der "Serviceteil" – obwohl fast 1/3 des Buchumfanges einnehmend – eher als Ergänzung dieser Intention.

Ein Buch also, das hervorragend als einstimmende Literatur eines Berlin-Tripp zum Beispiel auf langer Bahnanreise gelesen werden kann. Und das macht auch richtig Spaß. Wenn Eike Stedefeldt vom Schwulsein in der Plattenhochhaussiedlung Marzahn erzählt, das so gar nichts mit Coming-out-Idylle à la Thamesmead (Film 'Beautiful Thing') gemein hat. Oder Christian Scheuß uns Möglichkeiten 'Sex around the clock' offeriert. Gewußt wo.

Damit erfüllt »Homopolis« über seinen funktionellen Nutzen hinaus, was viele andere Schwulenführer schon längst aufgegeben haben: Uns durch Hintergründe Lust auf Stadt und Leute zu machen.

Micha Schulze (Hrsg.): Homopolis. Das schwule Berlin. ISBN 3-932117-33-6, Jackwerth Verlag, Köln, Taschenbuch, 240 Seiten, DM 15,-