Schöner glauben, essen, helfen

Monika – das katholische Frauenmagazin

Eine Überdosis scheußlichsten Barocks ließ neulich meine kriminellen Neigungen in St. Emmeram zu Regensburg durchbrechen und mich das katholische Frauenmagazin Monika entwenden, das im 130. Jahrgang erscheint und dessen Titelthemen mich faszinierten: "Warten bis zur Ehe", "Können Frauen und Männer sich verstehen?" sowie "Herbstfarben".

Rost, Aubergine, Petrol sind "die Herbsttöne in diesem Jahr" für den Schrowange-Typ. Und Pflaume. Der Farbton scheint bestens geeignet für die Bühler "Zwetschgenkönigin Nadja I.", die laut Monika so mancher "Blaue Königin" nennt.

Warum Frauen und Männer einander nicht verstehen, wird erstaunlich modern mit ihrer rollenspezifischen Sozialisation begründet, der man in Monika ausgiebig nachforschen kann. Doch wo Glaube ist, da ist Hoffnung: "Hurra, meine Frau ist gleichberechtigt!" Das dazugehörige Buch ist laut Inserat "ein Muß für jede berufstätige Frau" und für 26,80 Mark erhältlich im Maria Traut Verlag.

Überhaupt nähren die Anzeigen in Monika den Verdacht, Katholikinnen trieben nur zwei Dinge im Leben um: Helfen und Kochen. Für das eine gibt's Hildegard von Bingen: 32 Mark kostet die Kleine Hildegard-Hausapotheke. Die Heilige erhielt "von Gott Einblicke in die Wunder der Schöpfung und in die Heilkräfte der Natur", vor allem, so die Redaktion unter der Rubrik "Lebenskunst", in die "eiternden Wunden der Seele": Man spricht in Fachkreisen von "Urverwundung", "Kampf" und der "Fröhlichen Wissenschaft vom Heil", wenn "der Schöpfer sich durch die Schöpfung zeigt", und zwar in Gestalt von Kraut. Natürlich kann die Leserin sich auch mit der "Hildegard Heilkunde von A-Z" (14 Mark) oder dem Band "Was macht Menschen krank, was macht sie gesund?" (17,80 Mark) behelfen. Aber Obacht, hier geht's ausschließlich "um gesundheitsfördernde und krankmachende Faktoren im Leben von Priestern und Ordensleuten" und darum, "wie Obere und Oberinnen mit sich selbst umgehen".

Nun zum Essen: Was Päpsten und Primaten, pardon, Prälaten schmeckte, ist "ein Buchmenü in sieben Gängen und einem Hors d'Ïuvre" zu 39 Mark. Wollen Sie jedoch gleichzeitig essen und helfen – vor allem der Kirche –, so fordern Sie besser Werke an, aus denen Monika Backrezepte klaut: Bei der Pfarrhaushälterin aus Passau etwa "170 feine Rezepte aus Großmutters Backstube", das "Obernzeller Kochbuch" beim dortigen Pfarramt oder die zwecks örtlicher Pfarrhofsanierung 23 Mark teuren Weiler Leibspeisen.

Zur inneren Einkehr empfiehlt Monika die Titel "Für die Einheit in Christus" und "Beten im Pulsschlag des Lebens". Medizinische Sensationen verspricht auch das Buch "Ich höre mit dem Herzen", denn: "Eine gehörlose junge Frau wird 'Miss America'." – Was aber gar nichts wert ist, "wenn sie sich nicht ganz von Gottes Stimme leiten läßt".

ER ist also immer und überall, ob bei Sirkka-Liisa Routtinen, der Leibköchin des finnischen Staatspräsidenten, oder Martine Liminski. Die Zehnfachmutter verlangt einen den Arbeitsmarkt entlastenden "Erziehungslohn" weil sie weiß, "daß neunzig Prozent des Humanvermögens, also des Schatzes an Erfahrung, an Wissen, an sozialer Kompetenz in den Familien erwirtschaftet werden" und sämtliche Revolutionen "den Freiraum der Familie immer mehr eingeengt" haben. "Nur einer hält gegen den Trend:" "der Papst." Aber auch die Mädchen der "Schönstatt-Jugend"! "Sie alle sagen: Kein Sex vor der Ehe – wieso?"

Eike Stedefeldt

Erschienen in Jungle World, 30. September 1998