Gigi

Im Januar 1999 gründete ich diese ehrenamtliche sexualpolitische Zweimonatszeitschrift mit und wurde deren verantwortlicher Redakteur.

Noch vor Erscheinen des ersten Hefts gab es eine Verleumdungsklage. In einer als Flugblatt verteilten Marktanalyse der Lesben- und Schwulenpresse hatte ich das Kölner Boulevardblatt QUEER (dessen Aktienpakete es bis zum Konkurs im Januar 2003 eher als bündnisgrünes Parteiorgan auswiesen) als Zentralorgan der neuen schwulen Mitte bezeichnet, das sich auszeichnet durch Häme und Hetze gegen ausgewiesene Linke, den latenten Rassismus der neuen Mitte in Form ausländerfeindlicher Artikel, den Geschichtsrevisionismus der "selbstbewußte Nation" inklusive der Verharmlosung des Massenmordes an den europäischen Juden, Toleranz gegenüber der extremen Rechten und eine stramm konservative Identitätspolitik, die letztlich der Einordnung der Lesben und Schwulen in die "Volksgemeinschaft" den Boden ebnet. Die Klage mußte aber von den QUEER-Herausgebern auf dringendes Anraten der Richterin zurückgezogen werden – wegen Aussichtslosigkeit. Mich hatte in diesem politischen Verfahren übrigens die IG Medien (heute ver.di) juristisch vertreten: weil man nicht zulassen dürfe, daß kritischen Journalisten ein Maulkorb angelegt werde.

Inzwischen haben sich weitere interessante Personen an Klagen gegen die Gigi-Redaktion und mich persönlich versucht, so auch Jürgen Bieniek vom im Dezember 2002 als gip infolge Insolvenz ebenfalls sanft entschlummerten Berliner Homo-Terminkalender gay-press.de – mit demselben Ergebnis. Auch hierbei ging es um schwulen Antisemitismus. Die rechte katholische "Kinderschützer"-Sekte CareChild aus Münster durfte ich ebenfalls schon besiegen und ein paar schwule Neonazis und ihre Anwälte abwimmeln. Diverse Verfahren sind noch anhängig; ihrem Ausgang sehe ich allerdings gelassen entgegen.

All diese Späße konnten nicht verhindern, daß die Gigi-Redaktion im September 2001 in Köln mit dem Sonderpreis des Felix-Rexhausen-JournalistInnen-Preises für die "beste lesbisch-schwule Zeitschrift" in Deutschland ausgezeichnet und 2006 und 2007 für weitere Medienpreise nominiert wurde. Im Juni 2007 präsentierte die Gigi-Redaktion der Presse das 50. Heft; in einem längeren Interview des Deutschlandfunk-Magazins "Corso – Kultur nach 3" vom 2. 7. 2007 können Sie mich hören, wenn Sie hier klicken.

Nach elf Jahren ehrenamtlicher Arbeit beschloß die Gigi-Redaktion im Februar 2010, das Magazin trotz solider finanzieller Situation mit der 66. Ausgabe (Februar/März) einzustellen. Tot ist Gigi deshalb aber noch lange nicht; sobald sich eine neue Redaktion findet, die sich diesem Streß aussetzen will, kann es wieder losgehen. Wer daran Interesse hat, kann sich über die Website der Zeitschrift oder der des herausgebenden whk mit der Ex-Redaktion in Verbindung setzen.


Es ist eben unmöglich, die Fackel der Wahrheit durch ein Gedräng zu tragen, ohne jemand den Bart zu sengen.

Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799)